Lloyd Hopkins - 01 - Blut auf dem Mond by James Ellroy

Lloyd Hopkins - 01 - Blut auf dem Mond by James Ellroy

Autor:James Ellroy [Ellroy, James]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 2014-09-30T22:00:00+00:00


8

Nach einer unruhigen Nacht, in der er alle Einzelheiten aus den sechzehn Akten verarbeitete, fuhr Lloyd am nächsten Morgen in die Stadtbücherei; unterwegs machte er sich Gedanken über die Bewältigung der Kleinarbeit, sortierte unwesentliche Details aus und dachte sich eine List aus, um von der Einsatzzentrale nicht behelligt zu werden, damit er den ersten Tag der Beinarbeit in aller Gemütsruhe erledigen konnte.

Lloyd hatte die Wagenfenster geschlossen und die Lautsprecherkabel seines Funksprechgeräts gekappt, um ungestört zu sein. Er hatte volle Rückendeckung von Fred Gaffaney und den hohen Tieren des Raub-/Morddezernats, da sie die beiden Detectives, die im Niemeyer-Fall für ihn gearbeitet hatten, zu sich zitiert und von ihnen erfahren hatten, daß ihre Befragungen in Buchläden im Zentrum von L. A. bis dato überhaupt nichts gebracht hatten. Sie wurden beauftragt, auf eigene Initiative dem Fall nachzugehen und Gaffaney zweimal wöchentlich Bericht zu erstatten. Sie hatten ferner den Jesus-Freak, den sie beide nicht leiden konnten, darüber informiert, daß Sergeant Hopkins, wie es sich für ein Genie gebührte, seiner einsamen Wege ging und schwer beschäftigt wäre. Gaffaney akzeptierte das als Teil ihres stillschweigenden Abkommens, und sollte er sich über Lloyds Abwesenheit im Parker Center beschweren, würde Dutch Peltz sich einmischen und seine Beschwerden mit aller Entschlossenheit als blödsinnig zurückweisen. Er war also völlig gedeckt.

Was die Nachforschungen an sich anbetraf, so gab es keine konkreten Fakten, die Lloyd nicht schon von der Lektüre der Akten her wußte. Er hatte vollkommene Ruhe: Janice und die Mädchen hatten in der Wohnung des guten Freundes George am Ocean Park übernachtet, und Lloyd hatte das große, stille Haus ganz für sich, in dem er nun ungestört lesen konnte. In dem Wunsch, die Vernichtung unschuldigen Lebens durch ein mordendes Tier seinen eigenen Bemühungen entgegenzustellen, sie durch seine beschwörenden Geschichten aufzuhalten, war er die grausigen Ordner noch einmal in Pennys Zimmer durchgegangen, in der Hoffnung, daß die Aura seiner jüngsten Tochter, die es erfüllte, ihm die Klarheit verleihen würde, aus diesen verschlungenen seelischen Labyrinthen Fakten zu ziehen. Neue Erkenntnisse waren dabei allerdings nicht herausgekommen, dafür hatte das Charakterprofil des Mörders durch scharfsinniges Überlegen neue, schärfere Konturen bekommen.

Obwohl er keine Zugriffsmöglichkeit zu Informationen über ungelöste Mordfälle vor 1968 hatte, war sich Lloyd ziemlich sicher, daß die Morde nicht sehr viel weiter zurückgingen. Das ergab sich für ihn aus der Gesamteinschätzung der Täterpersönlichkeit – der Mörder mußte homosexuell sein. Die Vielfalt der Tötungsarten konnte als Versuch gelten, diese Tatsache vor sich selbst zu verbergen. Er wußte es selbst nicht. Die Bluttaten vor der Ermordung Linda Deversons und Julia Niemeyers – auch sie häufig brutal ausgeführt – sprachen für eine billige Genugtuung über eine gutgeplante, saubere Arbeit und einen beinahe subtilen Hang zur Anonymität. Er besaß nicht die geringste Ahnung davon, wer er wirklich war. Linda und Julia, die beide auf grausame Weise abgeschlachtet worden waren, bildeten die Trennlinie, die unwiderrufliche Grenze, und zeugten von dem Erschrecken über eine neuerwachte Sexualität, die so beschämend zwanghaft war, daß sie in Blut ertränkt werden mußte.

Lloyd verfolgte das Triebschicksal des Mörders bis in seine Vergangenheit. Der Täter mußte in Los Angeles wohnen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.